Baustoffkreislauf im Massivbau
„Strukturierte Speicherung der Ergebnisse in einer Datenbank"

Im Rahmen eines vom BMBF geförderten Forschungsvorhabens wird zur Zeit eine Richtlinie erarbeitet die es erlaubt, bei Bauwerksabbrüchen anfallendes Material für die Neuerstellung von Tragwerken des Massivbaues wiederzuverwerten, ohne dazu wie bisher den zusätzlichen Aufwand für eine Genehmigung im Einzelfall betreiben zu müssen. Durch grundlagenorientierte Forschungsarbeiten an Hochschulen, Forschungsinstituten und Industriefirmen in ganz Deutschland werden zu diesem Zweck technische Randbedingungen erarbeitet, unter denen ein Gebäudeabbruch möglichst umweltfreundlich durchgeführt sowie durch Anwendung materialspezifischer Aufbereitungsverfahren eine möglichst vollständige Wiederverwertung der anfallenden mineralischen Baurestmassen erreicht werden kann.

Neben der Schonung der natürlichen Sand- und Kiesressourcen und der Verminderung der Beeinträchtigung von Menschen durch Lärm und Staub beim Abbruch von Gebäuden wird dabei vor allem auf die Reduzierung des Deponiebedarfes an Bauschutt abgezielt. Es ist zu erwarten, daß die Deponierung von Bauschutt infolge einer am Kreislaufwirtschaftsgesetz orientierten Preispolitik als Kostenfaktor in den nächsten Jahren noch stark an Bedeutung gewinnen wird.

Aufgabenstellung
Am IWB werden im Zuge dieses Forschungsvorhabens „Baustoffkreislauf im Massivbau" neben dem „Rezyklieren von Leichtbeton" die Teilprojekte „Datenbank" sowie „Experten-/Consultingsystem" des Themenbereichs "Umsetzungshilfen" bearbeitet. Ziel der beiden zuletzt genannten Projekte ist, die große Menge der bei der Bearbeitung der Einzelthemen anfallenden Informationen und Erkenntnisse mit Hilfe moderner Informationstechnologie übersichtlich zu strukturieren und dadurch für eine schnelle Anwendung in Forschung und Praxis möglichst einfach zugänglich zu machen. In den folgenden Abschnitten soll diese allgemein formulierte Aufgabenstellung der Datenbank zunächst konkretisiert und dann auf ihre Umsetzung in einem neuartigen, plattformübergreifenden Online-Datenbanksystem eingegangen werden.

Datenbankkonzept
Eine der wichtigsten Aufgaben der Datenbank, neben der reinen Dokumentation von Forschungsergebnissen, ist die Bereitstellung einer sogenannten Wissensbasis für das in einem späteren Schritt zu schaffende Experten-/Consultingsystem. Es mußte daher schon zu Anfang des Projekts definiert werden, welche Informationen für zukünftige Nutzer des Forschungsprojektes von Interesse sind und in welcher Form sich diese mit Hilfe moderner Informationstechnologie verarbeiten lassen.


Erste Überlegungen haben gezeigt, daß im Laufe des Forschungsprojektes sich Ergebnisse als Daten unterschiedlicher Struktur ansammeln werden. Zum einen entstehen mit den Literaturlisten der beteiligten Mitarbeiter sowie mit Adressenlisten und Projektinformationen tabellarisch zu erfassende Daten. Die eigentlichen, vor allem für das Expertensystem relevanten Aussagen der Forschungsarbeiten werden jedoch in den Zwischen- und Endberichten sowie in Veröffentlichungen zu erwarten sein, so daß sie dort in einer wesentlich unstrukturierteren Form in Textdokumenten vorliegen werden.
Das zu entwerfende Datenbanksystem mußte in seiner Struktur diesen beiden unterschiedlichen Datenformaten Rechnung tragen. Diese Ausgangssituation führte zur Entwicklung einer neuartige Kombination zweier Datenbankmodelle: Auf Tabellen basierende relationale Datenbanken werden über die sog. ODBC-Schnittstelle an eine aus HTML-Dokumenten bestehende Internet-Website angebunden. In dieser Website werden nicht nur die Berichte und Veröffentlichungen als Textdokumente gespeichert, sondern sie dient gleichzeitig als Bedieneroberfläche zur Abfrage und Eingabe der relationalen Datenbankteile.

Durch die Benutzung des Internets als Client-Server-Programmplattform ergaben sich weitere entscheidende Vorteile gegenüber konventionellen Datenbanksystemen, die lokal auf dem Rechner des Benutzers installiert werden müssen. Schon während der Laufzeit des Forschungsvorhabens ist es bei einem Online-Datenbanksystem den in der Bundesrepublik verteilten Wissenschaftlern möglich, den jeweils aktuellen Datenbestand an Prüfdaten, Zwischenberichten, Literaturhinweisen usw. im Internet abzufragen. Es ist dazu nicht notwendig, den Mitarbeitern ständig aktualisierte Versionen des Programmes auf Datenträgern zukommen zu lassen, da alle Benutzer über das Internet auf die gleiche, aktuelle Datenbankversion in Stuttgart zugreifen. Ebenso wie die zum großen Teil kostenlos im Internet zur Verfügung gestellten Programmodule trägt dies zu einer deutlichen Kostensenkung in der Entwicklung bei.

Auch der Entwicklungsaufwand für das System wird durch die Benutzung des Internets deutlich geringer. Es ist z.B. im Vergleich zu einer lokal von CD-ROM oder Disketten zu installierenden Datenbank nicht nötig, unterschiedliche Programmversionen für mehrere gängige Betriebssysteme zu entwickeln und Treiberprogramme für Peripheriegeräte zu integrieren, da die Datenbank fast unabhängig von der beim Anwender vorhandenen Hard- und Softwareausstattung benutzt werden kann. Lediglich ein kostengünstiger Internetanschluß, der bei modernen PC heute zur Standardausstattung gehört, muß zu ihrer Benutzung vorhanden sein.
Die einfache Bedienung mit einem verbreiteten Browserprogramm, bspw. dem Netscape Navigator oder dem MS Internet Explorer, macht außerdem eine Programminstallation der Datenbank unnötig und trägt somit dazu bei, den Bedienungsaufwand beim Anwender auf ein sehr geringes Niveau zu reduzieren.
Vereinfachend kam hinzu, daß an den meisten Forschungsstellen bereits ein Internetzugang vorhanden war, bzw. dieser in naher Zukunft eingerichtet werden sollte, so daß zumindest auf der Mitarbeiterebene schon Erfahrungen im Umgang mit dieser Technologie vorlagen.

Zusammengefaßt bietet die Entscheidung für die Verwendung von Internettechnologien gerade für die Aufgabenstellung dieses Datenbanksystems wichtige Vorteile auf der Nutzer-, Entwickler- und Kostenseite, ohne dabei, zumindest nach den bisherigen Erfahrungen, Einschränkungen in der Funktionalität im Vergleich mit konventionellen, lokalen Datenbanksystemen mit sich zu bringen.

Stand der Arbeiten
Um im World Wide Web Informationen anbieten zu können, mußten zunächst Anfang des Jahres die technischen Voraussetzungen in Form eines permanent am Netz angeschlossenen Internetservers geschaffen werden. Damit bezüglich der Herkunft der Datenbankinhalte keine Mißverständnisse auftreten, wurde von den Projektteilnehmern eine markante und dem Standort des Servers gegenüber neutrale Internetadresse gewünscht. Man einigte sich auf den Namen http://www.B-i-M.de, unter welchem die Datenbankoberfläche im World Wide Web des Internets nun aufgerufen werden kann.Weiterhin mußte Bedenken von Projektbearbeitern begegnet werden, die eine Veröffentlichung von Informationen aus noch nicht abgeschlossenen Forschungsprojekten ablehnten. Dieses Problem wurde durch die Einrichtung eines Paßwortschutzes mit den zugehörigen Benutzerkonten für die Mitarbeiter des BiM-Vorhabens gelöst, so daß sich das System nun in einen öffentlichen, für alle Internetbenutzer erreichbaren Teil und einen projektinternen Bereich aufgliedert, der nur für am Forschungsvorhaben beteiligten Personen zugänglich ist.

Der öffentliche Teil der Datenbank dient zur Beschreibung der Ziele und des Aufbaus des Forschungsvorhabens. Er enthält z.B. auch eine grafische Zusammenstellung der Forschungsstellen, an welche vorhandene Webseiten der jeweiligen Institute mit weiteren Informationen angebunden wurden sowie auch kurze Beschreibungen der Einzelprojekte und den daran beteiligten Bearbeitern.

Im geschützten Bereich des Datenbanksystems wird vor allem der Stand der Arbeiten in den Teilprojekten dokumentiert. Zur Erfassung der bei der Bearbeitung der Teilprojekte verwendeten Literatur wurde bereits im Januar als Prototyp einer interaktiven Datenbankanwendung den Projektbearbeitern eine Literaturdatenbank zur Verfügung gestellt. Der Funktionsumfang beinhaltet, neben mehreren Suchformularen zum Auffinden schon erfaßter Literaturhinweise und zu berücksichtigender Normen/Regelwerke auch die Möglichkeit zu Einträgen von Literaturverweisen über das Internet, direkt vom Arbeitsplatz des Teilprojektbearbeiters aus. Um einen Einblick in die einzelnen Fragestellungen und Ergebnisse der Teilprojekte zu bekommen, werden Berichte aus den Teilprojekten von uns zu HTML-Dokumenten umgearbeitet und unter einer entsprechenden Rubrik in der Datenbank abgespeichert. Da zu erwarten ist, daß diese Berichte und Veröffentlichungen im Laufe des Forschungsvorhabens sehr umfangreich werden, mußte eine Hilfe zum leichten Auffinden von Informationen in den Dokumenten angeboten werden.
Durch die Integration eines Volltextsuchsystems für die abgespeicherten Texte ist es möglich, Dokumente zu bestimmten Suchbegriffen oder Begriffkombinationen zu finden. Um etwa alle Dokumente zu finden, die Textstellen mit dem Stichwort 'Prallbrecher' enthalten, muß das Stichwort nur in die Eingabezeile des Suchformulars eingetragen werden. Nach Auslösen der Suche gibt das Datenbanksystem sofort eine Liste von mehreren Dokumenten mit dem gesuchten Stichwort zurück, auf die man dann per Mausklick sehr einfach überwechseln kann.

Ausblick
Im Laufe des Forschungsprojekts werden weiterhin uns zur Verfügung gestellte Dokumente bearbeitet und in die Datenbank integriert. Um auf einfache Weise auf Prüfdaten der einzelnen Teilprojekten zugreifen zu können, wird momentan an einem Suchsystem für Prüfergebnisse in Zwischenberichten oder ähnlichen Dokumenten gearbeitet.

In Zukunft werden sich neue Inhalte sicher stärker an den Bedürfnissen des Expertensystems orientieren müssen. Die dort erkannten Lücken in der Wissensbasis sollen dann beispielsweise im Zuge von Seminar- und Diplomarbeiten erarbeitet und in das Datenbanksystem implementiert werden. Für 1997 geplant sind eine Seminararbeit zur Darstellung von Betonprüfverfahren / -prüftechnik im Internet für die konzipierte Prüfdatenbank, sowie eine ab Juli / August ausgeschriebene Diplomarbeit zur Erstellung eines Online-Lexikons zum Thema Baustoffkreislauf / Betontechnologie im Internet.

Literatur

Developing Applications for the Internet and the World Wide Web
Microsoft, 1996,
http://premium.microsoft.com/msdn/library/officedev/access/bldapps/chapters/ba21_1.htm
Das große Buch zu HTML
J. Schwarte, Data Becker Verlag, 2. Aufl. 1996
Database Processing - Fundamentals, Design, and Implementation
D. M. Kroenke, Prentice-Hall International (UK) Limited London, 5. Aufl. 1995
Datenbanken und Informationsmanagement
E. Schönauer / J. Wallmannsberger, Reihe Chip Informatik, Vogel Verlag, 1991
Datenstrukturentwurf - Vom Faktenchaos zur Anwenderdatenbank
H. Dreßler, R. Oldenbourg Verlag München Wien, 1995
Microsoft Index Server Guide
Microsoft, 1996,
http://www.microsoft.com/ntserver/search/docs/default.htm
Microsoft's Database-Web Connectivity Solutions
J. Jacobs, Microsoft, 1996,
http://www.microsoft.com/syspro/technet/tnnews/features/webdb.htm
Online Datenbanken
J. Schwarte / M. Schreyer, Internet World 8/97, WebMedia GmbH